SCHAU MAL INS MUSEUM
Ab in die Kemenate!
Stellt Euch vor, ihr könntet in eine Zeitmaschine steigen und 500 Jahre in die Vergangenheit reisen. Die Zeitmaschine macht „Pling!“ und ihr steht nicht mehr im warmen Wohnzimmer, sondern mitten im Burghof der Veste Coburg. Heute ist es besonders kalt. Der Wind weht hier, hoch über der Stadt, eisig und treibt die Schneeflocken vor sich her.
„He! Aus dem Weg!“, ruft eine Stimme hinter dir. Ein Bauer hat Holz aus den umliegenden Wäldern auf seinem Pferdefuhrwerk und will es schnell abladen. Er hat heute schließlich noch etwas anderes zu tun! Du springst schnell beiseite. Du hörst das Hämmern aus der nahen Schmiede. Es riecht scharf nach Rauch und Mist und so langsam wird dir richtig kalt. Wohin kannst du gehen, um dich aufzuwärmen? „In die Kemenate!“, rät dir ein Küchenjunge, der eben mit einem schweren Holzeimer an dir vorbei zum Brunnen eilt. Er hat keine Zeit, dir mehr zu erklären. Denn der Kurfürst hat sich per Boten für einen Besuch angemeldet. Aus seiner Hauptstadt Wittenberg in Sachsen will er in seine südlichste Residenz Coburg reisen. 5 Tagesritte liegen vor ihm und seinem Gefolge mitsamt Leibgarde, Arzt und Apotheker, Köchen, Pferdeknechten, Knappen, Schreiber und Zofen.
Also in die Kemenate sollst du gehen. Aber: Was und wo soll das sein? Gut ist, wenn du weißt, dass der Begriff Kemenate aus der lateinischen Sprache kommt. „Caminus“ ist der Ofen oder die Feuerstätte. Und „caminata“ ist der beheizbare Raum. Über das mittelhochdeutsche „kemnâte“ hat sich das Wort Kemenate bis heute erhalten. Die Burgenforschung bezeichnet damit einen massiven und mindestens teilweise mit Kaminen oder Öfen beheizbaren Steinbau. Um die Wärme besser zu halten, kleidete man manche Räume innen mit Holz zu einer Bohlenstube aus. Oder man hängte Teppiche an die Wände.
Die „Steinerne“ oder „Hohe Kemenate“ auf der Veste Coburg ist das Gebäude, welches die beiden Burghöfe voneinander trennt. Nachdem es auf der Veste vor 520 Jahren einem großen Brand gab, ließ Kurfürst Friedrich der Weise neu und prächtig bauen. Im unteren Geschoss der Kemenate lagen die Küche und Räume für die Bediensteten. In der großen Hofstube im ersten Stock wurde Hof gehalten und Feste gefeiert. Hier war Platz für 200 Menschen. Da die sächsischen Kurfürsten wie die meisten Adeligen ihrer Zeit die Jagd sehr liebte, waren die Wände mit Jagdszenen gestaltet. Diese sind heute nicht mehr erhalten.
Siehst du den gusseisernen Ofen? Er wurde im Siegerland im Süden Westfalens gegossen. Dort wurde Eisenerz gefördert und in Gießereien verarbeitet. Der Ofen ist sehr groß, rund 3 Meter hoch, und ein echtes Luxusstück, welches sich nur ein Fürst leisten konnte. Öfen wie diesen nennt man „Hinterlader“. Er wurde von hinten „geladen“, also vom Vorraum aus bedient. Heizmaterial, Personal und Dreck blieben also draußen und störten die Herrschaften nicht. Die kleine Tür zu dieser Heizkammer ist heute noch vorhanden. Die Gussplatten des Ofens sind mit Bildern von Heiligen und Architektur-Elementen gestaltet. Er erinnert fast an eine kleine gotische Kirche aus Eisen, die auf Füßen in Löwengestalt ruht. Wir erkennen die Heiligen Maria, Katharina und Antonius, aber auch einen kleinen Ritter. Das Wappen der Auftraggeber, der sächsischen Kurfürsten, ist viermal an den an den in den Raum hereinragenden Seiten angebracht. Sie gehörten zu den mächtigsten Fürsten des Reiches, denn nur die Kurfürsten durften den König „küren“, also wählen. Der Ofen erfüllte also nicht nur die Funktion einer Wärmequelle. Sein Schmuck machte allen Wärmesuchenden auch gleich den Anspruch seiner Besitzer deutlich.
Cornelia Stegner M.A.
Dieser Beitrag erscheint im Februar 2021 unter der Rubrik “Schau mal ins Museum” im: