SCHAU MAL INS MUSEUM
Ein ganzes Zimmer für die Jagd
Im Herbst und Winter ist Jagdsaison. Deshalb steht heute ein Kunstwerk im Rampenlicht, das buchstäblich vom Boden bis zur Decke der Jagd gewidmet ist. Es ist ein kompletter Raum aus Holz. Herzog Johann Casimir, der die Jagd liebte, hat die so genannte Hornstube 1632 in sein Schloss Ehrenburg einbauen lassen. Heute ist sie Teil des Rundganges auf der Veste Coburg und wird als Jagdintarsienzimmer bezeichnet.
Die meisten der Bildtafeln, deren Platzierung heute nicht mehr dem ursprünglichen Plan entspricht, widmen sich der so genannten Eingestellten Jagd. Wie diese ablief, konnte einst wie bei einem Comic abgelesen werden. Sie beginnt damit, dass Bedienstete dem Herzog Bericht erstatten, während gleichzeitig mit Hunden das Jagdgebiet in Augenschein genommen wird. Erst auf der nächsten Tafel (siehe Bild) erkennt man, dass es sich um die Vorbereitung zur Eingestellten Jagd handelt. Diese wird heute nicht mehr praktiziert. Mit Hilfe von Zäunen, Netzen, Tüchern und Lappen wurde ein Gebiet eingegrenzt, in welchem das Wild den Jägern direkt vor die Büchse getrieben wurde. Diese Jagdart galt als besonders vornehm, weil die Jäger sich nicht schmutzig machen mussten und es für sie auch weniger gefährlich war als bei andere Jagden. Angesichts der vielen Ochsenkarren mit Ausrüstung und den vielen Helfern ahnt man, wieviel Aufwand für das Vergnügen des Herzogs betrieben wurde. Nicht fehlen darf auch der Hofzwerg an der Seite des Herzogs. Die nächste Szene zeigt den Beginn des Treibens mit einem Jägerfrühstück am Vortag der Jagd. Während die Bauern das Wild in Richtung Abschießplatz, dem so genannten Lauf, treiben, lassen es sich die Jäger im Vordergrund noch bei Braten, Brot und Bier gut gehen. Von Szene zu Szene nimmt die Eingestellte Jagd ihren Fortgang: das Küchenzelt wird aufgebaut, das Rotwild wird zum vorbereiteten Platz am Waldrand getrieben, wo es die Jäger gut getarnt und bequem erlegen können. Das Wild wird anschließend gewogen und nach Art und Gewicht in der „Strecke“ ausgelegt. Dann wird der Lauf abgebaut, alle Gerätschaften auf Wagen verstaut und auch die Strecke wird verladen. Das Wild wird dann an anderer Stelle weiter verarbeitet. Auch die Jagdhunde werden wieder eingefangen. Nach dem Ausweiden des Wildes dürfen sie die Innereien fressen. Alle Teile werden nun ihrer Verwendung zugeführt. Das Fleisch, das so genannte Wildbret wird frisch zubereitet oder eingesalzen, das Geweih wird abgeschlagen und die Häute dienen zur Herstellung verschiedenster Gegenstände. Einige Szenen belegen die besondere Stellung der Hunde, die durch besondere Rituale in den Ablauf der Jagd miteinbezogen werden. Am Schluss blasen die Jäger mit ihren Jagdhörnern die Jagd ab.
Auf anderen Einzeltafeln steht die Jagd auf Bären, Wildschweine, Rehe oder Füchse im Mittelpunkt. Tatsächlich gab es im 17. Jahrhundert noch Braunbären im Thüringer Wald. Auch bei diesen Jagden wurden Hilfsmittel wie Fangnetze eingesetzt. Anders als bei der Rotwildjagd leisteten bei der Bären- und Wildschweinjagd sehr kräftige und schwere Hunde Hilfe. Sie trugen Panzer aus Leder oder Leinen zum Schutz vor Verletzungen. Einige dieser heute sehr seltenen Jagd-Panzer für Hunde haben als reale historische Objekte in den Kunstsammlungen die Zeiten überdauert. Auch für andere Objekte der Kunstsammlungen, wie zum Beispiel einer Waage oder einer Saufeder – ein langer Spieß, der zur Wildschweinjagd benutzt wurde – dienen die Szenen des Jagdintarsienzimmers als reiche historische Bildquelle: Man sieht, wie sie früher benutzt wurden.
Cornelia Stegner M.A.
Schon gewusst?
Die Redewendung, das jemandem etwas „durch die Lappen“ gegangen ist, stammt aus der Jägersprache. Es war Pech für den Jäger und Glück für das Tier, wenn es „durch die Lappen“ fliehen konnte.
Dieser Beitrag erschien im Februar 2022 unter der Rubrik “Schau mal ins Museum” online im:
Abb. Der Herzog (2.v.l.) lässt sich vom Jägermeister in die Jagd einweisen, während dahinter der Aufbau zur Eingestellten Jagd beginnt.