Bis 10. Januar 2021 im STUDIO: Länderverbindend – Coburg an der Burgenstraße Thüringen
Wer vor 500 Jahren zur Burgbesatzung der Veste Coburg gehörte, der musste gute Augen haben: Es machte einen Unterschied, ob da eine, zwei oder drei Feuerpfannen auf der rund zwanzig Kilometer entfernten Heldburg brannten. Mittels Lichtsignalen hatten die Schwesterburgen einander zu warnen, wenn Angriffe aus den südlichen Nachbarländern oder Unruhen im eigenen Land drohten. Bei akuter Gefahr waren auch die Kirchenglocken einbezogen. Wie bei einem Staffellauf trugen sie das Alarmsignal von der Heldburg über Ummerstadt und Weitramsdorf bis nach Coburg. Nachlesen kann man das in der handschriftlichen Verteidigungsordnung von 1525, die ab kommenden Montag auf der Veste Coburg zu sehen ist.
Die neue Studioausstellung „Länderverbindend – Coburg an der Burgenstraße Thüringen“ wirft Schlaglichter auf das überreiche Burgenland nördlich und südlich des Thüringer Waldes. Die Veste Coburg, heute im Norden Bayerns, gehört diesem Burgenland an, bildete sie doch für Jahrhunderte das südliche Bollwerk der sächsisch-thüringischen Herrschaftsgebiete. Anlässlich des diesjährigen Jubiläums „100 Jahre Coburg in Bayern“ nimmt die Studioausstellung Coburgs mitteldeutsche Prägung in den Blick. Dreißig Objekte, die unterschiedlicher kaum sein könnten, hat Kurator Dr. Niels Fleck versammelt. Es sind großenteils Leihgaben, die charakteristisch für jeweils eine bestimmte thüringische Anlage sind und die zugleich Einblick in das breite Spektrum mitteleuropäischer Burgen geben.
Gezeigt werden zum Beispiel zwei Säulenkapitelle aus der Burg Weißensee, reich verziert mit Fabelwesen und Adlern im Sturzflug. Sie zählen zu den herausragenden Zeugnissen romanischer Bauornamentik und führen vor Augen, was für viele Burgen seit dem Hochmittelalter kennzeichnend ist: Es waren Wehr- und Prachtbauten zugleich. Paradebeispiel dafür ist auch Schloss Burgk an der Oberen Saale. Als man im Schmalkaldischen Krieg 1545 daran ging, die Vorburg komplett zu erneuern, entstand nicht nur ein wahres Bollwerk, sondern an dessen Seite auch ein schmucker Turm mit wunderschöner Fachwerkhaube. In der Ausstellung ist ein Modell dieses Meisterwerks der Renaissance zu sehen.
Eine Auswahl an Belagerungs- und Verteidigungswaffen lässt zentrale Entwicklungsschritte der Waffen- und Kriegstechnik des 12. bis 17. Jahrhunderts, von Speer- und Pfeilspitzen bis zum Vorläufer des Molotow-Cocktails, nachvollziehen. Im Durchschnitt kam es jedoch nur alle hundert Jahre zu einer ernsthaften Belagerung. Mindestens ebenso wichtig wie die militärische Bedeutung einer Burg war ihre Funktion als Wirtschafts- und Verwaltungszentrum. Eine zwölfmal überstrichene Tresortür aus der Weimarer Bastille veranschaulicht eindrucksvoll, dass diese mehrere hundert Jahre als Amtssitz gedient hat.
Auch Burgenromantik und Historismus kommen in der Ausstellung nicht zu kurz. Denn was wäre unsere Vorstellung von Burgen ohne das 19. Jahrhundert? Damals wurden Burgen im großen Stil wiederentdeckt und nach den eigenen Idealvorstellungen „vervollständigt“. An der Burgenstraße Thüringen liegen mit der Wartburg, der Veste Coburg und der Veste Heldburg drei Hauptbeispiele jener Epoche. Die Studioausstellung bildet jetzt ein Tor zur Burgenstraße. Und wenn man sich an die Coburger Zinnen stellt, kann man auch heute noch die benachbarte Heldburg sehen – wenn man gute Augen hat.