„Zur Fröligkeit componirt“ Der Coburger Hofkapellmeister Melchior Franck – Hintergründe zur neuen Ausstellung im STUDIO
Ab dem 23. Februar bis 6. Oktober 2024 widmen wir uns in einer kleinen Studioausstellung dem wohl bekanntesten Coburger Hofkapellmeister: Melchior Franck (um 1579–1639). Hier wollen wir Ihnen einen Einblick in die Vorbereitungen und den Aufbau der Ausstellung geben.
Interview mit Kurator Dr. Niels Fleck
Das aktuellste Jahrbuch der Coburger Landesstiftung ist Melchior Franck gewidmet und nun gibt es auch eine Ausstellung im STUDIO der Veste. Wie kam es dazu?
Vor drei Jahren erzählte mir der Vorsitzende der Melchior-Franck-Gesellschaft, Siegfried Meyer, von seinem langjährigen Projekt: einem neuen Werkverzeichnis der rund 1450 Kompositionen Melchior Francks. Im Gespräch mit ihm wurde mir bewusst, wie interessant die Figur Melchior Franck ist. Vor allem auch die Konstellation mit seiner „Lebensstelle“ als Kapellmeister beim hochambitionierten Coburger Herzog Johann Casimir.
Franck gilt nach seiner Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert zwar als bedeutender Komponist des 17. Jahrhunderts und ist heute in der Musikszene wieder überregional bekannt, ist aber erst in Ansätzen erforscht. Das war Anlass genug, um ihn mal aufs Tableau zu heben. Und es fügt sich ganz gut zusammen mit den Veranstaltungen, die 2024 anlässlich Francks 385. Todestag von Seiten der Landesbibliothek, der Melchior-Franck-Gesellschaft und der evangelischen Kirchengemeinde geplant sind.
Warum sollten wir uns heute für die Musik Francks oder sein Leben interessieren?
Zunächst einmal: Weil es gute Musik ist! Manche Lieddichtungen Francks sprechen uns zeitlos emotional an – das gilt nicht nur für seine Liebeslieder. Große Dichtung geht wie ein Pfeil durch die Jahrhunderte. Melchior Franck ist auch nicht nur für Musikliebhaber interessant. Spannend ist zum Beispiel der Blick auf die illustre Coburger Residenzstadt und die gesellschaftlichen Netzwerke seiner Zeit: Franck komponierte für Adelige und Bürger in Coburg, in Franken und weit darüber hinaus. Manche Kompositionen gewähren Einblick in die Zeitgeschehnisse, etwa der „Musicalische Frewdenschall“ zum hundertjährigen Reformationsjubiläum oder die Kriegsklage „Suspirium Germaniae Publicum“ von 1628. Der Dreißigjährige Krieg spielt auch im Schicksal Melchior Francks und seiner Familie eine große Rolle. All diesen Themen gehen die Beiträge im Jahrbuch nach, und sie erweitern unser Bild von Franck mit wichtigen neuen Erkenntnissen.
Welche Überlegungen gab es bei der Ausstellungsplanung?
Die kleine Ausstellung im STUDIO soll einen ersten Zugang zu Melchior Franck und seiner Musik bieten. Im Zentrum steht die breite Palette der Instrumente, die in einer frühneuzeitlichen Hofkapelle gespielt wurden. Einige davon sind in der Ausstellung zu sehen und per Klangbeispiel zu hören. Dazu zählt z.B. der Zink, ein ganz besonderes Blasinstrument, das lange vergessen war und von dem wir ein sehr schönes Exemplar aus der Franck-Zeit in den Kunstsammlungen bewahren. Hinzu kommen Leihgaben verschiedener Instrumentenbauer und vom Melchior-Franck-Kreis als wichtigem Kooperationspartner. Dessen langjähriges Wirken zur Wiederbelebung von Francks Musik wird ebenfalls vorgestellt. Francks zahlreiche Notendrucke sind heute auf Bibliotheken weltweit verstreut. Dank Unterstützung der Stadtbibliothek Leipzig können wir z.B. die Vertonung von Psalm 122 zur Einweihung der Schlosskapelle Callenberg im Jahr 1618 zeigen. Bei der Planung der Ausstellung hat uns – wie schon beim Jahrbuch – die Musikerin und Musikwissenschaftlerin Angelika Tasler intensiv unterstützt.
Wie bekommt der Besucher einen Eindruck von der Musik?
Um eine bessere Vorstellung davon zu geben, wie historische Instrumente gespielt werden, haben wir einen Kurzfilm mit dem Experten für Alte Musik, Arno Paduch, produziert, in dem er speziell den Zink vorstellt. Daneben werden alle präsentierten Instrumente mit Klangbeispielen vorgestellt, und auch Francks Musik kommt zu Gehör!
Franck galt zu Lebzeiten als „im gantzen Teutschlandt bekant“. Wie erklärt es sich, dass es kein einziges Porträt von ihm gibt?
Ein Porträt ist bei einem Komponisten des 17. Jahrhunderts nicht unbedingt zu erwarten. Ob der im Jagdintarsienzimmer der Veste dargestellte Dirigent der Hifthorn-Bläser Melchior Franck darstellen soll, ist rein spekulativ. Denkbar wäre ein verschollenes Gemäldeporträt, aber auch das ist fraglich. Herzog Johann Casimir ließ die Musik als Teil seiner Herrschaftsrepräsentation nicht eigens bildlich in Szene setzen – davon gibt es zumindest kaum Zeugnisse. Sicher sagen kann man, dass Francks zahlreiche Drucke und insbesondere die überregional nachweisbaren Nachdrucke von der Beliebtheit seiner Stücke bei Verlegern und Abnehmern zeugen. Berühmt war also vor allem seine Musik und weniger der Komponist, über den man schon bald nach seinem Tod wenig bis nichts zu berichten wusste. Am Zenit seiner Bekanntheit in den 1620er bricht außerdem der Dreißigjährige Krieg über Deutschland und Coburg herein. Dann stirbt sein Dienstherr Johann Casimir im Jahr 1633 und der Coburger Hofstaat wird dramatisch verkleinert. Franck ist nur noch nominell am Hof beschäftigt, mitten im Krieg gelingt ihm auch der Absprung aus Coburg nicht mehr, und so stirbt er schließlich mehr oder minder verarmt. Wohl deswegen wurde er auch nicht durch eine aufwändige gedruckte Leichenpredigt oder Nachrufe geehrt.
Jahrbuch der Coburger Landesstiftung
Neueste Forschungen und Erkenntnisse über Melchior Franck finden Sie im aktuellen Jahrbuch der Coburger Landesstiftung. Der reich bebilderte Band ist im Michael Imhof Verlag erschienen und für 45,00 € erhältlich.
Weitere Informationen zum Jahrbuch finden Sie hier.
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