#4 Juni | Kunstsammlungen to-go: Wintersturm im Kindergarten
„Es war einmal vor langer Zeit, in einer Stadt, gar nicht weit weg von hier. Im Winter war die Stadt jedes Jahr wie ausgestorben. Denn in dieser Stadt herrschte ein König, der den Winter abgrundtief hasste! Er blieb immer nur in seiner Burg, weil es ihm draußen viel zu ungemütlich war. Und genauso machten es die Bewohner der Stadt. Und alle langweilten sich fürchterlich im Winter, denn es gab noch kein Netflix und kein Lego! Es gab ja noch nicht mal elektrisches Licht und Steckdosen! Es war dunkel und kalt und alle fanden es schrecklich.
Aber eines Tages klopfte es laut ans Burgtor: Poch! Poch! Poch! (…) “
Das ist der Anfang eines selbstgeschriebenen Märchens, das ich Anfang dieses Jahres mit in den Kindergarten St. Martin in Döringstadt genommen habe. Im Herbst 2023 hatte sich eine Mitarbeiterin des Kindergartens an mich gewandt. Ein Kulturjahr im Kindergarten sei ausgerufen. „Wäre es möglich, dass Sie zu uns in den Kindergarten kommen? Sozusagen ein ‚Museum to-go‘, mit eventuell Austellungsstücken, Geschichten, Bildern?“ Das schrieb uns Juliane Meixner vom Kindergarten.
Kunstsammlungen „to-go“? Können wir! Gemeinsam mit den Erzieherinnen wurde ein jahreszeitlich passendes Thema festgelegt: Der Winter. Ich bereitete mich vor. Welche Objekte, welche Methoden eignen sich für Kindergartenkinder im Alter von 3 bis 6 Jahren? Was macht allen Spaß?
Ich entschied mich, einen reproduzierten Kupferstich mitzunehmen. „Der Winter“ gehört zur Serie „Die vier Jahreszeiten“ von Jacob Matham nach Hendrik Goltzius aus dem Jahr 1589. Der Winter ist dargestellt in Person eines alten Mannes mit langem Bart, der mit pelzbesetztem Umhang und tragbarem Glut-Topf der kalten Jahreszeit trotzt. Neben ihm pustet ein kleiner Windgott in dichtem Gewölk Regen und Sturm über die Landschaft, während in einer Stadt die Menschen entweder vergnüglich Eis laufen dürfen oder beschwerlich Brennholz sammeln müssen. Zur Darstellung gehören unter anderem auch die drei winterlichen Tierkreiszeichen Fische, Wassermann und Steinbock.
Mit im Gepäck hatte ich auch: Lupen, Bausteine, ein paar Playmobil-Figuren, ein Schoko-Weihnachtsmann, Stifte, vorbereitete schwarze Zeichenkartons und einen Bluetooth-Lautsprecher. Außerdem ein übrig gebliebenes großes Banner aus der vergangenen Sonderausstellung.
In vier Gruppen kamen die Kinder nacheinander in den Sportraum, wo wir genügend Platz hatten. Der Einstieg in die Bildbetrachtung war jeweils das Märchen. Parallel dazu habe ich die Handlung mit Bausteinen (=die Stadt) und den Figuren (der König, die Stadtbewohner, der Schoko-Weihnachtsmann als ‚Winter‘) gespielt. Danach wurde der kleinteilige Kupferstich buchstäblich unter die Lupe genommen.
„Habt ihr schon mal einen Sturm gemalt?“ Das hatten die Kinder tatsächlich nicht. Mit großer Begeisterung wurden vorbereitete, gewitterhimmelschwarze Zeichenkartons mit Stürmen aller Art versehen. Und zwar zu den allerwindigsten Klängen aus Vivaldis „Jahreszeiten“! Da war ordentlich was los!
Fazit: Es hat allen super Spaß gemacht. Und zum Schluss und ganz spontan ist aus den „Mini-Stürmen“ noch eine kleine Ausstellung im Kindergarten geworden.
Cornelia Stegner M.A., Bildung & Kommunikation
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